„Menschen, die eine Zwangserkrankung haben, müssen andauernd Dinge denken oder machen, die sie nicht denken oder machen wollen, weil sie eigentlich wissen, dass das Quatsch ist.“
(Zitat aus dem Buch)
- Autorinnen: Susanne Fricke und Katharina Armour (psychologische Psychotherapeutinnen, spezialisiert auf Zwangserkrankungen)
- Verlag: Balance
- Seitenzahl: 144
- Preis: 17,95 Euro
Meine Meinung
Heute möchte ich einen weiteren der Ratgeber zum Thema Zwangserkrankung vorstellen, die mir am meisten geholfen haben. Das Besondere an diesem hier: Wie der Untertitel schon verrät, sind die Zielgruppe des Buchs eigentlich Kinder, Jugendliche und ihre Eltern. Aber auch ich mit Ende 20 konnte viel daraus mitnehmen und habe mich beim Lesen immer wieder verstanden gefühlt!
Ich muss es einfach betonen : Ich finde es so wertvoll und wichtig, dass es solche Bücher für betroffene Kinder, Jugendliche und ihre Familien gibt! Meine Erkrankung begann im frühen Teenageralter und blieb leider einige Jahre unerkannt und damit unbehandelt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ist, in diesem Alter mit Zwängen zu leben. Eine Zwangsstörung zusätzlich zu dem allgemeinen Gefühlschaos in der Pubertät, das ist nicht leicht. Die Zwänge können (müssen nicht) die schulischen Leistungen beeinflussen, den Kontakt zu Freunden, das Familienleben, das Selbstbewusstsein … Ein solcher liebevoll gestalteter und verständlicher Ratgeber wäre etwas gewesen, das mir damals sehr geholfen hätte. Er hätte vielen meiner Ängste und Selbstzweifel entgegengewirkt. Darum Daumen hoch für das Engagement der Autorinnen!
In dem Buch wird zielgruppengerecht erklärt, was eine Zwangsstörung ist und welche komorbiden Erkrankungen damit einhergehen können. Behandlungs- und Selbsthilfemöglichkeiten werden vorgestellt und auch Ideen und Ratschläge für das Familienleben gegeben. Alles auch Dinge, die man in Ratgebern für Erwachsenen findet.
Das Besondere an diesem Ratgeber sind die zielgruppenorientierte Sprache und seine Anschaulichkeit. Schwierige Sachverhalte, z.B. die Entstehungsmodelle einer Zwangserkrankung, werden so beschrieben, dass sie für junge Leser verständlich werden. Dabei wird mit vielen Beispielen gearbeitet, indem Fallbeispiele betroffener Kinder und Jugendlicher vorgestellt werden. Das schafft beim Lesen Gefühle wie „Ich bin nicht allein damit!“ Es gibt zahlreiche Illustrationen und Metaphern, um die Erkrankung anschaulich zu machen. Eine davon kennen Leser dieses Blogs schon: das Zwangsmonster. Das Monster begleitet die Leser durch das ganze Buch zusammen mit der Frage, wie man ihm „die rote Karte zeigen“, also seinen Einfluss auf das eigene Leben beschränken und es dazu bewegen kann, ganz daraus auszuziehen. Um dieses Ziel zu erreichen, finden sich viele Ideen für Expositionsübungen und Arbeitsblattvorlagen zur Selbstbeobachtung. Diese kann man entweder direkt kopieren oder über die Verlagshomepage downloaden. Die Übungsaufgaben basieren auf Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie und lassen sich gut im Alleingang, aber auch begleitend zu einer Therapie und/oder mit Unterstützung der Eltern durchführen.
Eltern werden das gesamte Buch über immer wieder direkt angesprochen und finden hilfreiche Erklärungen und Tipps, um ihr Kind besser zu verstehen und auf seinem oder ihrem Weg zum gesund Werden bestmöglich unterstützen zu können.
Fazit
Ein ganz toller Ratgeber, den ich allen betroffenen Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern ans Herz legen möchte. Aber auch der ein oder andere Erwachsene mit Zwangserkrankung wird sicher daraus etwas lernen und Hilfreiches mitnehmen können .Mit seiner Anschaulichkeit hat das Buch bei mir für einige Aha-Momente gesorgt, ich habe manche Punkte besser verstanden als in dem ein oder anderen Erwachsenen-Ratgeber.
2 Kommentare zu „Buchtipp: Dem Zwang die rote Karte zeigen“