Vielleicht kennt ihr noch die wunderschöne *hust* Zeichnung meines Zwangsmonsters? Sie ist während meines ersten Klinikaufenthalts entstanden, als ich an einem stationären Therapieprogramm für Zwangserkrankungen teilgenommen habe. Obwohl der Zettel inzwischen relativ zerknittert ist, bedeutet mir die Zeichnung noch immer etwas, sodass ich sie aufgehoben habe. Sie zeigt, wie ich mich fühle, wenn die Zwänge ausgeprägt sind, wenn sie viel Macht über mein Handeln, Denken und Fühlen haben.
Vor ein paar Tagen bummelte ich dann wie so oft durch meine Lieblingsbuchhandlung … Und da war es plötzlich, direkt vor mir, das Zwangsmonster!
Ganz unschuldig grinste es mich zwischen den Dekoartikeln an, so als könne es kein Wässerchen trüben. Pah, von wegen!
Spaß beiseite, wie man dem Schildchen entnehmen kann, soll dieser Schlüsselanhänger natürlich kein Monster darstellen, sondern einen Glücksbringer. Mich erinnerte die Figur aber vom ersten Augenblick an eben an das Zwangsmonster von meinem Bild. Hätte ich an diesem Tag genug Geld dabei gehabt, ich hätte die kleine Plüschfigur gekauft.
Ich weiß nicht, wie es anderen Zwangserkrankten damit geht – mir hilft es, meine Erkrankung zwischendurch immer mal wieder mit Humor zu betrachten. So viel Schmerz hat sie im Laufe der Jahre versucht, war/ist mit so viel ernsten Themen verbunden. Indem ich versuche, meine Zwangsstörung immer wieder mal aus einem humorvollen Blickwinkel zu betrachten, schaffe ich ein Stück Distanz zu ihr und nehme ihr dadurch auch einen Teil ihrer Macht. Darum schreibe ich hier auf dem Blog manchmal vom Zwangs- oder Angstmonster oder kommentiere meine Symptomatik gegenüber anderen mit Selbstironie oder schwarzem Humor. Darum mag ich die Metapher vom Zwangsmonster auch so sehr, die aus dem (ganz tollen) Ratgeber „Dem Zwang die rote Karte zeigen“ stammt.
Irgendwann werde ich es mir also kaufen, mein Zwangsmonster, und ihm einen Platz in der Wohnung suchen. Dann werde ich es gedanklich anschreien, wenn es versucht, seine Macht über mich auszuweiten, ihm die Zunge rausstrecken, wenn ich es geschafft habe, seinen besonders fiesen, hinterhältigen Angriffen zu widerstehen und mir immer wieder sagen, dass ich mir von so einem kleinen Monster weder meine Zukunft noch meine Lebensträume kaputt machen lassen will.
„Ich weiß nicht, wie es anderen Zwangserkrankten damit geht; mir hilft es, meine Erkrankung zwischendurch immer mal wieder mit Humor zu betrachten.“ -> Geht mir auch so. Aber auch in Wutmomenten kann ich mich ganz gut vom Zwang abgrenzen. Ist immer eine Erholung, Distanz zu schaffen. „Dem Zwang die rote Karte zeigen“ kenne ich übrigens ebenfalls und fand das Buch sehr hilfreich. LG!
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Ah cool, dass du das Buch auch hast! Ich finde es wirklich großartig, auch wenn ich weder Kind noch Jugendliche mehr bin 😉 So ein Buch hätte mir damals als Teenager wirklich sehr geholfen.
LG
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Ich bin auch schon ein Weilchen aus dem Alter raus, aber fand es trotzdem gut, eigentlich sogar besser als manch Erwachsenenratgeber. Hat wahrscheinlich meine „kindlichen“ Anteile angesprochen. ^^
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Ich fand auch, dass hier vieles besser erklärt wird als in den Erwachsenen-Büchern …
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Putzig!
Und mein Grübeln nenne ich „Grübelkobold“. 😉
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Der Ansatz (s)eine Krankheit auch mal mit Humor zu nehmen, ist für mich ein Indiz für eine Entewicklung, ein Stückchen von der Krankheit weg. Ich finde es sehr bemerkenswert, dass Du es immer mal wieder schaffst, diesen Schritt zu gehen. Am schönsten wäre es, wenn das kleine Plüschzwangsmonster irgendwann wirklich ein Glücksbringer für Dich würde. Ja, das wäre wunderbar.
Ganz liebe Grüße, Nelia!
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Vielen lieben Dank! Das hast du so schön gesagt. Ja, vielleicht bringt mir das kleine Monster irgendwann wirklich Glück und ist nicht mehr mein Gegner, sondern jemans/etwas, das mich auf bestehende Schwierigkeiten in meinem Leben hinweisen und dafür sorgen will, dass ich besser auf mich achte.
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Kann man ein Zwangsmonster eigentlich auch umarmen? Vielleicht braucht es etwas….oder ist das totaler Quatsch?
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