Von Therapie-Nebenwirkungen

Lasst uns darüber reden, dass es einem nach Beginn einer Therapie auch erst einmal schlechter als vorher gehen kann.

Das ist etwas, was ich unlängst erlebt habe. Zwar wusste ich theoretisch, dass die Möglichkeit dazu besteht, wurde von meiner Ärztin hier sogar vorgewarnt, doch dachte ich ehrlich gesagt nicht, dass es mir passieren würde. Oder wenn, dann nicht in diesem Ausmaß. “Ich mache schließlich Therapie, damit es mir besser geht, nicht schlechter!“

Tja, und dann starteten wir mit der ersten Expositionsübung. Diese klappte gut. Leider entwickelte ich danach jedoch eine Symptomverschiebung. Sprich, Zwangsgedanken aus einem anderen Themenbereich als dem exponierten flammten auf und quälten – das Wort trifft es wirklich am besten – mich knapp eine Woche lang. In Folge dessen entwickelte ich suizidale Gedanken. Sprich, es war eine sehr schwierige Zeit, die ich mit Unterstützung durch das Pflegeteam und vermehrter Bedarfsmedikation irgendwie überstanden habe.

Inzwischen geht es mir zum Glück wieder besser. Ich vermute, das liegt vor allem daran, dass ich mich seit kurzem an einer neuen Umgangsweise mit den Zwangsgedanken übe, die ich täglich so gut es geht versuche anzuwenden, und in mehr Akzeptanz. Nichtsdestotrotz finde ich es nach dieser Erfahrung wichtig auch einmal darüber zu sprechen, dass Therapie eben auch das bedeuten kann: eine kurzzeitige Verschlimmerung der Dinge. Dass Therapie zu machen eben nicht immer heißt, dass es einem sofort besser geht.

Habt ihr diese Erfahrung auch schon gemacht? Wenn ja, wie seid ihr damit umgegangen?

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6 Kommentare zu „Von Therapie-Nebenwirkungen

  1. Mich würde jetzt der neue Umgang mit den Zwangsgedanken sehr interessieren. Und ja, während der Therapie verändert und verschiebt sich so einiges, aber Nichtstun ist keine Option. Insofern bist Du Dir sicher: Nur so kann sich etwas ändern und die schlimmen Zeiten in den therapeutischen Prozessen gehen vorüber. Du bist ja dort gut aufgehoben, wo Du bist, habe ich den Eindruck. Alles Gute Dir! Regine

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    1. Hallo Regine,
      wenn du das Thema Umgang mit Zwangsgedanken spannend findest, schaffe ich es vielleicht mal, einen extra Beitrag dazu zu machen 🙂
      Danke dir und liebe Grüße

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  2. Mir ging es zu Beginn einer Therapie „immer“ viel besser als ohne. „Immer“, weil das nur für all die Therapie galt bei denen an der Oberfläche gekratzt wurde und ich nicht wirklich bereit war, mich einzulassen.
    Als ich mich eingelassen habe, ging ich durch heftige Krisen und erlebte viele Therapietage an denen es mir sehr schlecht nach den Stunden ging. Habe ich über ein Problem gesprochen, tauchten vier andere auf, für die dann eben kein Platz war. Ein Thema nur gestreift und schon platzte Zuhause die große Bombe.

    Letztendlich hat es nach meiner Erfahrung viel damit zu tun, dass man selbst zu Beginn noch kein gutes Gespür dafür hat, wieviel man sich zumuten kann. Also dann doch tiefer in ein Thema einsteigt als es bereits ausgehalten werden kann. Dazu kommt der/die Therapeut:in, der/die noch nicht wissen kann, was die Anzeichen für eine mögliche Belastungsgrenze bei diesem/er Klient:in sind.
    Im Verlauf einer Therapie sollte es dann jedoch so sein, dass beide sich miteinander entwickeln und es dann eher nur noch Ausnahmen werden, dass es nach dem Termin zu Krisen kommt.

    Meine Thera sagte mir, es sollte so sein, dass der/die Klient:in neben der Therapie noch den notwendigen Alltag bewältigen kann. Spricht jemand, der berufstätig ist, sollte auch neben der Therapie arbeiten können.
    Innerhalb einer stationären Therapie sieht das dann natürlich etwas anders aus, auch weil da eben ja mehr Schonraum und entsprechende Unterstützung durch ein Behandlerteam gegeben ist.

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    1. Hallo, danke für das Schildern deiner Erfahrungen!
      Ich denke auch, dass es vielleicht noch mal einen Unterschied zwischen ambulanter und stationärer Therapie gibt. Im stationären Rahmen gibt es ja mehr Möglichkeiten, eventuelle Krisen nach der Therapie aufzufangen … Nichtsdestotrotz ist und bleibt es unangenehm.
      Lieben Gruß

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      1. Das ist es ohne Frage. Unangenehm, unglaublich anstrengend und wenn dabei Wunden heilen dürfen, dann ist unglaublich frei und leicht. Genau das wünsche ich dir, dass du eines Tages genau dieses freie und leichte Gefühl spürst und weißt, dass etwas hellwachen konnte.

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