Weitere Arten von Zwangsgedanken

Es gibt viele verschiedene Arten von Zwangsgedanken. In der Vergangenheit habe ich euch hier auf dem Blog schon ein paar davon vorgestellt, z.B. aggressive und existentielle Zwangsgedanken. Heute möchte ich euch ein paar weitere Subtypen vorstellen, die ich hatte bzw. immer noch habe. Dazu ist anzumerken, dass Themenwechsel bei Zwangserkrankten eher die Regel als die Ausnahme sind. Sprich es ist nicht ungewöhnlich, wenn sich die Zwangsinhalte mit der Zeit verlagern.

Suicidal OCD

Suicidal OCD bezeichnet Zwangsgedanken, die sich um die Angst drehen, man könnte sich selbst das Leben nehmen. Der Unterschied zu Suizidgedanken liegt darin, dass Menschen mit suicidal OCD eben nicht lebensmüde bzw. suizidal sind, sondern sich vielmehr davor fürchten, sie könnten sich suizidieren, obwohl sie das eigentlich nicht möchten.

Diese Form der Zwangsgedanken begleitet mich seit geraumer Zeit und ploppt immer mal wieder auf. Als ich letztes Jahr in Freiburg auf der Fachstation für Zwangsstörungen war, haben wir dazu Expositionen gemacht. Ich habe während der Expo ein Medikament, von dem ich wusste, dass es in Überdosierung tödlich ist, in die Hand genommen und die Pflege hat mich dann damit allein gelassen. Meine Aufgabe war es dann, die aufkommende Anspannung auszuhalten und nicht aus der Situation zu gehen.

Somatic OCD

Bei dieser Form von Zwangsgedanken ist man sich bestimmter Körperfunktionen sehr bewusst und kann sich nicht bzw. nur schwer auf etwas Anderes fokussieren. Das können z.B. das Atmen sein oder das Schlucken, Blinzeln, Bewegungen, das Sprechen oder der Herzschlag.

Dieses Zwangsthema hat mich vor einigen Jahren intensiv begleitet. So hatte ich z.B. lange Zeit eine zwanghafte Fokussierung aufs Blinzeln und auf das Sprechen. Beides war sehr unangenehm. Heute habe ich damit zum Glück kaum noch Probleme.

Beleidigende Zwangsgedanken

Dieses Thema begleitet mich aktuell. Dabei schießen mir beleidigende Gedanken zu Menschen, die ich mag und manchmal auch zu mir unbekannten Personen durch den Kopf. Ich halte mich dann für eine schlechte Freundin und einen schlechten Menschen in Folge dieser Zwangsgedanken.

ROCD (Relationship-OCD)

Bei diesem Subtyp der Zwangsstörung haben Betroffene zwanghaft Zweifel an ihrer Partnerschaft. Ein Zwangsgedanke könnte z.B. die Befürchtung sein, den Partner nicht mehr zu lieben oder ihn zu betrügen, obwohl man das gar nicht will. Der Unterschied zu „normalen“ Beziehungsproblemen bzw. Zweifeln besteht im Ausmaß der Gedanken und im Leidensdruck, den diese erzeugen. So können Menschen mit ROCD z.B. eigentlich wissen, dass sie ihren Partner lieben, doch der Zwang zwingt sie dazu, dies immer wieder zu hinterfragen.

Dieses Zwangsthema hat mich bisher in fast jeder Partnerschaft, die ich hatte, begleitet und hat zu Schuldgefühlen und Selbstzweifeln geführt.

Welche Arten von Zwangsgedanken kennt ihr noch von euch oder anderen?

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Von Therapie-Nebenwirkungen

Lasst uns darüber reden, dass es einem nach Beginn einer Therapie auch erst einmal schlechter als vorher gehen kann.

Das ist etwas, was ich unlängst erlebt habe. Zwar wusste ich theoretisch, dass die Möglichkeit dazu besteht, wurde von meiner Ärztin hier sogar vorgewarnt, doch dachte ich ehrlich gesagt nicht, dass es mir passieren würde. Oder wenn, dann nicht in diesem Ausmaß. “Ich mache schließlich Therapie, damit es mir besser geht, nicht schlechter!“

Tja, und dann starteten wir mit der ersten Expositionsübung. Diese klappte gut. Leider entwickelte ich danach jedoch eine Symptomverschiebung. Sprich, Zwangsgedanken aus einem anderen Themenbereich als dem exponierten flammten auf und quälten – das Wort trifft es wirklich am besten – mich knapp eine Woche lang. In Folge dessen entwickelte ich suizidale Gedanken. Sprich, es war eine sehr schwierige Zeit, die ich mit Unterstützung durch das Pflegeteam und vermehrter Bedarfsmedikation irgendwie überstanden habe.

Inzwischen geht es mir zum Glück wieder besser. Ich vermute, das liegt vor allem daran, dass ich mich seit kurzem an einer neuen Umgangsweise mit den Zwangsgedanken übe, die ich täglich so gut es geht versuche anzuwenden, und in mehr Akzeptanz. Nichtsdestotrotz finde ich es nach dieser Erfahrung wichtig auch einmal darüber zu sprechen, dass Therapie eben auch das bedeuten kann: eine kurzzeitige Verschlimmerung der Dinge. Dass Therapie zu machen eben nicht immer heißt, dass es einem sofort besser geht.

Habt ihr diese Erfahrung auch schon gemacht? Wenn ja, wie seid ihr damit umgegangen?