Ihr dort, wir hier

Ihr dort,

Wir hier.

Wir können nichts tun außer

zu hoffen und zu beten und zu spenden,

darauf zu warten, dass Deutschland

das Visa-Verfahren vereinfacht, um euch

in Sicherheit zu bringen.

Erdbeben, Nachbeben gestern,

Geht der Schrecken von Neuem los?

Die Blicke gefesselt von Nachrichtenseiten auf dem Computerbildschirm,

das Handy ständig griffbereit.

Zur Arbeit mit mulmigem Gefühl,

wird der Tag ruhig verlaufen?

Bitte lass alles gut ausgehen.

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Ein paar Tage

Content Note: Lebensmüde Gedanken

Vergangenes Wochenende hatte ich lebensmüde Gedanken/Impulse. Nur wenige Tage sind seitdem vergangenen und doch hat sich in dieser kurzen Zeit so viel Gutes und Wertvolles ereignet. Hätte ich meinen dunklen Gedanken nachgegeben, hätte ich diese Dinge verpasst:

– die Abschiedsfeier mit zwei lieben Mitpatientinnen

– die Einladung zum Probearbeiten für eine Stelle, die mich wirklich interessiert

– das Herumalbern mit meiner Schwester

– das mutmachende Telefonat mit A.

– viele unterstützende Nachrichten von Familie und Freunden

– das Angebot der Station, noch zwei bis drei Wochen teilstationär zu kommen jetzt nach der Entlassung

Was für einen Unterschied ein paar Tage machen können … Ich bin froh, durchgehalten zu haben.

Hello again

Schauplatz: Klinik des Vertrauens, Depressionsstation

Handelnde Personen: Mitpatienten, viele noch vom letzten Jahr bekannte Gesichter auf Seiten der Mitarbeiter, die Autorin dieses Blogs

Handlung im Groben: Erneute depressive Episode, die sich trotz engagiertem ambulanten Behandlungsversuch zuletzt schnell verschlechtert hat, Panikattacken

Handlung ausführlicher: Scham und – bis zu dieser Erkenntnis dauerte es etwas – unberechtigte, erkrankungsbedingte Schuld- und Versagensgefühle darüber, das Ganze ambulant nicht stemmen zu können, wo doch bereits viel Therapieerfahrung besteht. Wiederholte Versicherungen Außenstehender, dass dazu kein Grund bestehe: „(Chronisch) krank zu sein hat nichts mit Versagen oder Schwäche zu tun. Es ist gut, sich zeitnah Hilfe zu holen, bevor es noch weiter Berg ab geht!“

Ermüdende depressive Stimmungsschwankungen im Tagesverlauf, innere Unruhe und Co. Später Symptomverlagerungen: Depressionssymptome bessern sich, dafür mehr Zwangsgedanken mit Angst, den Verstand zu verlieren.

Stationsalltag mit Maskenpflicht: leicht surreal und irgendwie erheiternd. Aktueller Dauerbrenner in der Ergotherapie: sich selbst Masken nähen. Mit allen möglichen Farben, Motiven und Mustern bringen sie selbst Depressive zum Lächeln und Schmunzeln.

Natur, Sport, Musik Hören als Selbsthilfestrategien. Im Vergleich zu früheren Behandlungen schon nach kurzer Zeit eine erstaunliche Verbesserung des Zustands. Erleichterung, Freude, Zuversicht: Läuft. Vielleicht geht es dieses Mal ja wirklich schneller als sonst!

Dann: Rückschlag, wieder im tiefen Tal, Verzweiflung: Ich verharre jetzt für immer in diesem Zustand.

Mal suizidale Gedanken, dann wieder nicht. Glücklicherweise aber irgendwo im Hinterkopf immer noch das Wissen darüber, dass die Depression lügt: Auswegslosigkeitsempfinden ist nur ein Symptom. Gib nicht auf, bleib‘. Empathie, ermutigt werden, Hilfsangebote, Halt bekommen: „Sie müssen da nicht allein durch, wir helfen Ihnen dabei.“ Zunächst gar nicht so leicht anzunehmen, doch es wird. Tiefe Dankbarkeit: Ich werde ernst genommen. Ich werde nicht allein gelassen.

Medikamentenumstellung, Absetzsymptome und Nebenwirkungen: „Wir warten noch bis Dienstag ab.“ – Ein Mal Geduld zum Mitnehmen für mich, aber schnell bitte!

Inzwischen weniger Rückzug und soziale Ängste, stattdessen mit den Mitpatienten Lachen, Karten Spielen, Reden. Dazu gehören, gemocht werden, nicht allein sein mit den inneren Monstern und Kämpfen: so heilsam.

Ergotherapie, Visiten, Einzelgespräche etc.: Ehrlich sein, die Maske aus „Ach es geht schon irgendwie“ nicht mehr brauchen müssen. Verständnis, Freundlichkeit, akzeptiert werden, wie man ist, Unterstützung, Vorschläge, konfrontiert werden, Reflektieren zusammen und allein, neue Erkenntnisse über sich und seine Probleme gewinnen und alte, verschüttete wieder ins Gedächtnis rufen: nicht immer schmerzfrei, aber immer hilfreich.

Rückhalt von Familie und Freunden: Dankbarkeit, Liebe, wichtigster Grund, nicht aufzugeben.

Angst vor dem wieder allein Sein Zuhause nach der Entlassung versus Ich will am liebsten jetzt schon heim. Sich selbst bremsen, nicht zu weit in die Zukunft denken, sondern im Hier und Jetzt bleiben, nur an die nächste Stunde denken. Lernen, langsamer zu machen, Unsicherheit auszuhalten, nicht wie gewohnt in die Überkompensation zu gehen, sobald wieder genug Energie dafür vorhanden ist. Du musst hier keine Leistung bringen. – „Was mögen Sie an sich selbst, was nichts mit Leistung oder Anerkennung durch die Anderen zu tun hat?“ – Ach …

Lernen, wirklich zu akzeptieren: Ja, ich bin und bleibe wahrscheinlich mein Leben lang chronisch krank. Sich die Trauer endlich voll zugestehen, die dieses Eingeständnis mit sich bringt. Aber darüber nicht vergessen: Ich kann mein Leben trotzdem mit vielen, vielen Farben füllen und es genießen.

Die Depression überleben, um wieder zu leben.