Aus dem Verkehr gezogen

Nach Abwägen der Pro und Contras haben mein Arzt und ich uns nun gemeinsam entschieden, mich eine zeitlang aus dem Verkehr zu ziehen. Wir wollen es mit Tagesklinik versuchen. Nachdem es mir seit mehreren Wochen von der Tendenz her schlechter statt besser geht, ist meine Angst groß, am Ende wieder in einer schweren depressiven Episode zu landen. Das möchte ich soweit möglich vermeiden. Wir haben auch eine der möglichen Ursachen für die aktuelle Situation ausgemacht: den starken Druck, den ich mir mit meinem Perfektionismus selbst immer mache und den ich, obwohl ich darum weiss, nur schwer allein in den Griff kriege. Dieser befördert wiederum meine Angst und die Panikattacken und Zwänge, was dann irgendwann die Depression auf den Plan ruft – Abwärtsspirale ahoi.

Ich fühle mich erleichtert, dass nun Hilfe in Sicht ist, schäme mich aber auch dafür, sie zu benötigen. Dafür, nicht allein klar zu kommen, dass zwei, drei Tage Ausruhen zuhause nicht ausgereicht haben, um wieder auf Spur zu kommen. Bauchgrummeln bereitet mir gerade auch, wie mein Chef wohl auf die Nachricht reagieren wird, denn er meinte letztens schon, dass er keine Vertretung für mich hat.

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Alte Muster

Kurz vor Prüfungen, wenn die Aufregung wächst, fällt es mir erfahrungsgemäß schwerer als sonst, von ungesunden Angewohnheiten Abstand zu nehmen. So auch dieses Mal: Da wurden Haare rausgerupft und die Haut in Gesicht und Dekolleté zerkratzt, um innere Anspannung zu kanalisieren, Handlungen beinahe automatisch wiederholt (Wiederholungszwänge), über den Hunger hinaus gegessen, um sich zu beruhigen, gegen den Impuls angekämpft, Geld für sinnlose Kleinigkeiten auszugeben. Alles nichts Neues.

Noch relativ neu ist dagegen der Entschluss, mich selbst für diese Rückfälle nicht mehr so runterzumachen wie jahrelang praktiziert. Es hat nicht so funktioniert wie vorgenommen? Schade, aber mehr auch nicht. Es ist kein totales Versagen meinerseits, ich bin trotzdem (weiterhin) dabei mich zu verändern, auch wenn es sich in diesen Momenten nicht so anfühlt.