Aufwärtstrend

Die Frage in Visite heute, wie es mir geht, konnte ich ehrlich mit “besser“ beantworten. Die Zwangsgedanken sind inzwischen auf einem Niveau, das ich händeln kann, meine Stimmung ist ebenfalls verbessert und ich entwickele Pläne für die Zeit nach der Entlassung. Das heißt nicht, dass ich zwischendurch nicht auch noch mal schwierigere Momente hätte, aber insgesamt geht es mir eben wirklich besser.

Diese Entwicklung freut mich sehr und ich bin dankbar gegenüber allen, die dazu beigetragen haben, insbesondere meinen Lieblingspflegekräften und meiner Ärztin. Und auch mir selbst bin ich dankbar, weil ich nicht aufgegeben habe und für mich kämpfe.

Nun kann ich die zwei Wochen, die ich noch hier bin, hoffentlich nutzen, um meine restlichen Themen zu bearbeiten.

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Von Therapie-Nebenwirkungen

Lasst uns darüber reden, dass es einem nach Beginn einer Therapie auch erst einmal schlechter als vorher gehen kann.

Das ist etwas, was ich unlängst erlebt habe. Zwar wusste ich theoretisch, dass die Möglichkeit dazu besteht, wurde von meiner Ärztin hier sogar vorgewarnt, doch dachte ich ehrlich gesagt nicht, dass es mir passieren würde. Oder wenn, dann nicht in diesem Ausmaß. “Ich mache schließlich Therapie, damit es mir besser geht, nicht schlechter!“

Tja, und dann starteten wir mit der ersten Expositionsübung. Diese klappte gut. Leider entwickelte ich danach jedoch eine Symptomverschiebung. Sprich, Zwangsgedanken aus einem anderen Themenbereich als dem exponierten flammten auf und quälten – das Wort trifft es wirklich am besten – mich knapp eine Woche lang. In Folge dessen entwickelte ich suizidale Gedanken. Sprich, es war eine sehr schwierige Zeit, die ich mit Unterstützung durch das Pflegeteam und vermehrter Bedarfsmedikation irgendwie überstanden habe.

Inzwischen geht es mir zum Glück wieder besser. Ich vermute, das liegt vor allem daran, dass ich mich seit kurzem an einer neuen Umgangsweise mit den Zwangsgedanken übe, die ich täglich so gut es geht versuche anzuwenden, und in mehr Akzeptanz. Nichtsdestotrotz finde ich es nach dieser Erfahrung wichtig auch einmal darüber zu sprechen, dass Therapie eben auch das bedeuten kann: eine kurzzeitige Verschlimmerung der Dinge. Dass Therapie zu machen eben nicht immer heißt, dass es einem sofort besser geht.

Habt ihr diese Erfahrung auch schon gemacht? Wenn ja, wie seid ihr damit umgegangen?

Herausfordernd

Fünf Wochen bin ich nun schon in der Klinik und wage zu sagen, dass bisher wohl kein Klinikaufenthalt so herausfordernd für mich war wie dieser.

Ob das daran liegt, dass wir uns hier intensiv mit der Zwangsstörung beschäftigen, die mich von meinem Erkrankungen ja am längsten begleitet und sich dementsprechend verfestigt hat? Einen Teil dazu trägt sicher auch bei, dass ich gerade weit weg von Zuhause bin und mich öfters einsam fühle wenn ich sehe, dass meine Mitpatienten zur Belastungserprobung am Wochenende nach Hause gehen oder Besuch bekommen.

Ich merke immer wieder, wie viel Erfahrungen sie hier auf Station haben mit der Behandlung von Zwangsstörungen. Wie gut wäre es gewesen, wäre ich damals bei Erkrankungsbeginn direkt hier hin gekommen …

Bisher habe ich schon zwei Expositionsübungen gemacht (weitere folgen) und erarbeite mir gerade einen anderen Umgang mit meinen Zwangsgedanken. Das setzt tägliches Üben und das Überwinden von Ängsten und Scham voraus.

Ehrlich gesagt habe ich trotzdem wiederholt den Gedanken gehabt, den Aufenthalt abzubrechen. Weil ich das Gefühl hatte, das alles nicht aushalten zu können, dass es mich überwältigt.

Aber: Aufgeben gilt nicht.