Nachdem ihr mich treu durch die Tiefs der letzten Zeit begleitet habt, dachte ich, ich möchte euch auch an den positiven Neuigkeiten teilhaben lassen 🙂
Vielleicht zeigt dieser Beitrag auch, dass selbst in einer akuten Depression nicht zwangsläufig immer alles düster ausschauen muss, sondern es auch positive, gar glückliche Momente geben kann.
Also, here we go:
Ich habe mich vor kurzem für die Ausbildung als EX-IN-Genesungsbegleiterin beworben und bereits nach wenigen Tagen eine nette Mail über den Eingang meiner Bewerbung erhalten. Wenn alles gut geht, werde ich irgendwann im April bei den Vorstellungsgesprächen dabei sein. Ich hoffe sehr, dass es klappt!
Seit ich das erste Mal von dem Projekt gehört habe, war ein Teil von mir Feuer und Flamme und hätte sich gerne direkt beworben. Denn die Ausbildung und die späteren beruflichen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben können, vereinen mehrere Aspekte, die mir am Herzen liegen und die ich mir für meinen potentiellen Job wünschen würde:
– die direkte Arbeit mit Menschen
– das Gefühl, mit meiner Arbeit etwas wirklich Sinnvolles zu tun, d.h., mich für meine Werte und Ideale einsetzen zu können (in diesem Fall die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen)
– mich nicht nur mit (Fach-)Wissen, sondern auch mit meiner Empathie einbringen zu können, um anderen Menschen zu helfen
Gleichzeitig waren da aber auch Gedanken wie:
„Das kannst du nicht machen! Konzentrier dich auf dein Studium, damit du bald endlich fertig wirst!“
„Wenn du jetzt eine Ausbildung machen willst, wozu dann das Studium und die ganzen Schulden dafür? Da hättest du dir das Studieren auch sparen können.“
„Was würden X/Y/Z (nahe Bezugspersonen) wohl dazu sagen? Bestimmt wären sie nicht begeistert …“
„Wovon willst du die Ausbildung denn bezahlen mit deinem momentanen Einkommen?!“
Und so legte ich das Thema gedanklich auf Eis. Bis meine Freundin Annie mir irgendwann erzählte, dass sie vor hat, zu einer bald stattfindenden Infoveranstaltung des Ausbildungsträgers zu gehen. Ich fragte, ob ich mich anschließen dürfe und so war es beschlossene Sache.
Im Rahmen der Veranstaltung wurden dann einige Punkte, die mir vorher Kopfzerbrechen bereitet hatten, für mich klarer, z.B. die Finanzierungsfrage und spätere mögliche Arbeitsfelder. Daneben wurde mir bewusst, dass ich mich im Vorfeld mal wieder zu sehr im Schwarz-Weiß-Denken verfangen hatte. Denn die Ausbildung zu machen, muss ja nicht zwangsläufig bedeuten, das Studium sofort hinzuschmeißen – oder dass alles, was ich in dessen Rahmen gelernt habe, dann nicht mehr zu gebrauchen und umsonst gewesen wäre. Stattdessen könnte ich die Ausbildung im Fall einer Zusage auch als Zusatzqualifikation betrachten und später versuchen, eine Stelle zu finden, die es möglich macht, das dabei Gelernte mit meinem Studiumswissen zu verbinden.
Oder ich könnte das Ganze als Plan B ansehen, falls ich es doch nicht schaffen sollte, den Master abzuschließen. Denn: Ich gebe es nicht gerne zu, aber die letzten Semester waren oft ein K(r)ampf und manchmal frage ich mich, ob ich das überhaupt noch weiter will und ob es sich am Ende überhaupt lohnen wird. Für den Bachelor habe ich deutlich länger gebraucht als die Regelstudienzeit und jetzt im Master zeichnet sich ab, dass ich es auch dieses Mal nicht in der Regelzeit schaffen werde. Und das frustriert mich ziemlich. Circa die Hälfte der Prüfungen liegt inzwischen hinter mir; objektiv betrachtet eigentlich also nicht mehr so lang bis zum Abschluss. Aber mir erscheint momentan jede einzelne noch zu schreibende Hausarbeit als ein großer Berg, von dem ich nicht weiß, wie ich ihn überwinden soll, obwohl ich mein Studienfach mag. Und auch die Jobsuche ist für Geisteswissenschaftler ja so eine Sache …
Doch als erfahrene Depressive weiß ich natürlich, dass man während der Depression am besten keine schwerwiegenden Entscheidungen trifft, weil die Erkrankung das Denken und Fühlen stark negativ färben kann. Deswegen: keine Hauruck-Aktionen in Form einer Exmatrikulation oder Ähnlichem, die ich später bereuen könnte. Sondern erst einmal abwarten, wie sich alles entwickelt, wenn es mir wieder besser geht.
Jedenfalls sind meine Bewerbungsunterlagen abgegeben und ich freue mich und bin aufgeregt, wie es weitergehen wird. Der Gedanke an die Ausbildung ist einer der Lichtblicke, die mir Kraft und Motivation geben, wenn alles dunkel erscheint.